Lexikon der deutschen Krimi-Autoren
seit 1986 im Dienste des Verbrechens....
Jaeger, Henry

(eigentlich: Karl-Heinz Jaeger)

BENUTZT PSEUDONYM: "Werner Scholl", "Frank Peters" für Kurzkrimis

BIOGRAPHIE:
* 29-06-1927 in Frankfurt
+ 4.2.2000 in Ascona

Henry Jaeger, Sohn eines Kupferschmieds, besuchte Volksschule und höhere Schule und wurde dort wegen "Aufsässigkeit" relegiert. Mit 15 wurde er zum Flakdienst eingezogen und als Fallschirmjäger eingesetzt. Nach Militärzeit und Kriegsgefangenschaft besuchte er Abendschulen, arbeitete tagsüber als Laborant und faßte den Entschluß, Arzt zu werden. Die Umstände aber verhinderten es -  Jaeger rutschte in die Kriminalität ab.
Nach einer Serie von Raubüberfällen, die er mit anderen beging, wurde er 1955 verhaftet und 1956 zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt. Der Freiburger Gefängnispfarrer erwirkte für ihn eine Schreiberlaubnis und betraute ihn mit der redaktionellen Leitung der Gefangenenzeitung.
Noch während seiner Haftzeit schrieb und veröffentlichte Jaeger seinen ersten Roman DIE FESTUNG, der auch von der literarischen Kritik der frühen sechziger Jahre ernsthaft aufgenommen wurde.
1963 wurde Jaeger schließlich durch einen Gnadenerlaß aus der Haft entlassen und arbeitete während seiner Bewährungszeit als Volontär bei der "Frankfurter Rundschau".

In den nächsten Jahren schrieb er eine Reihe weiterer zeitkritischer Romane, die jedoch niemals wieder die gleiche positive Resonanz bei der Kritik erzielten wie sein Erstling. Zunehmend registrierte man in Jaegers Werk thematische und stilistische Stagnation und ein Abgleiten in triviale und populäre Muster.

jaeger-0001 Neben seinen Romanen veröffentlichte Jaeger, der mittlerweile im schweizerischen Ascona lebte, auch eine Reihe von Kurzkrimi-Sammlungen, deren einzelne Geschichten in den folgenden Jahren unter wechselnden Pseudonymen immer wieder in Publikumszeitschriften nachgedruckt wurden.

Henry Jaegers Stärken waren die genauen Beobachtungen im Gauner- und Ganovenmilieu, seine häufig in Rollenprosa gestalteten Texte spiegelten sein gutes sprachliches Einfühlungsvermögen in diese Gruppe wieder. Auch in seinen durchweg  einfach gebauten Kriminalstorys ließ  Jaeger sich nicht auf die für dieses Genre typische Denunzierung seiner kriminellen Hauptfiguren sein, sondern erzählte auch hier meist humoristisch.

In einem Nachruf von Willi Winkler in der Süddeutschen Zeitung (vom 8.2.2000) hieß es:
"Amerikanisch aber war sein Sozialbewusstsein, sprachlich anspruchslos und in der Sache brutal. Er brauchte sich nicht herabzubeugen, die Außenseiter waren seine Leute, Säufer, Kriegsversehrte, Heimatvertriebene, Kriminelle. Jaeger wurde schnell berühmt mit seinen frühen Büchern, in zwanzig Sprachen übersetzt, verfilmt – und konnte nach Ascona in die Schweiz ziehen. Ein Muster an Resozialisierung, und eine weitere Katastrophe. Inzwischen war er kein vorzeitiger entlassener Verbrecher mehr, sondern Schriftsteller, und das konnte er nicht. Sein Verleger betrog ihn, er konnte sich nicht wehren. Die Empörung über die von früh auf erlittene Ungerechtigkeit war noch immer da, aber ihm fehlte jedes Talent zum geläufigen Schreiben. Sein Leben, sein Leiden war erzählt, er hatte sich aus seinem proletarischen Elend herausgeschrieben, nur mit der besseren Welt kam er nicht zurecht. Die Kritik, die ihn einmal hymnisch gefeiert hatte, betreute ihn mit Nachrufen zu Lebzeiten."

Über Henry Jaeger:
1999 Ein Gangster schreibt sich frei (Feature, HR-Fernsehen, 45 Min) (Autor: Dietrich Wagner, Redaktion: Esther Shapiro) EA 14.4.1999 ARD

k. m.: Prügel im Kerker? „Die bestrafte Zeit" – Roman und Wirklichkeit
DIE ZEIT, 30.4.1965 Nr. 18 
http://www.zeit.de/1965/18/pruegel-im-kerker

Nachruf auf Henry Jaeger im SPIEGEL
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-15680723.html
Der SPIEGEL 1963 über Henry Jaeger und "Die Festung"
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46172153.html

Henry Jaeger bei WIKIPEDIA
http://de.wikipedia.org/wiki/Henry_Jaeger
 


KRIMINALROMANE / THRILLER:
1962 Die Festung, Desch Verlag OA HC
1963 Rebellion der Verlorenen, Desch Verlag, OA HC
1964 Die bestrafte Zeit, Desch Verlag, OA HC
1966 Das Freudenhaus, Rütten&Loening, OA HC (Heyne 5013)
1969 Der Club, Droemer OA HC (Droemer Knaur 259)
1970 Der Drehorgelmann (Erzählung) Arche Verlag OA HC
1971 Die Schwestern, Merlin Verlag, OA HA (Heyne 5042)
1975 Nachruf auf ein Dutzend Gauner, C. Bertelsmann, OA HC
1978 Unter Anklage (Heyne 5359) OA)
1978 (m Elke Jaeger) Moses schießt ein Eigentor (Storys)(Heyne 5465)
1982 Amoklauf, Droemer OA HC
1983 Auch Mörder haben kleine Schwächen (Storys) (Knaur 1039)OA
1987 Der Nachtportier oder Die Rache des Stellvertreters  (Stories) Niddatal: BrennGlas-Verl.
1995 Schnee - München: Herbig, OA HC
ANDERE BÜCHER:
1966 Jeden Tag Geburtstag (Erzählungen) Rütten&Loening OA HC
1973 Jakob auf der Leiter, C.Bertelsmann OA HC (Heyne 5263)
1977 Hellseher wider Willen, Blanvalet, OA HC (Heyne 5743)
1978 Mensch Gustav, (Heyne 5328) OA
1978 Der Tod eines Boxers (Heyne 5418) OA
1979 Ein Mann für eine Stunde, Langen Müller OA HC (Heyne 5837)
1979 Zwölfmal Liebe (Erotische Storys) (Heyne 5526) OA
1979 Sexmal Liebe (Heyne 5612)
1980 Die Menschen nennen es Liebe (Heyne 5659) OA
1981 Onkel Kalibans Erben, (Moewig 2120) OA
1986 Kein Erbarmen mit den Männern München: Herbig
1988 Glückauf Kumpel oder Der große Beschiss, Harmonia Vlg, OA HC
1993 Der Sieger oder weit ist der Weg nach Marathon / Mit sechs Lithogr. von Alban Welti. - Ascona: Ascona-Presse, OA


FUNK
2020 (und Martha Ebert) Vom Gauner persönlich, 55 Min, HR, Hörspiel nach der gleichnamigen Inszenierung mit Texten von Henry Jaeger von Martha Kottwitz des Schauspiel Frankfurt, Funkregie: Miriam Brand
https://archive.vn/HHNDa

FERNSEHEN:

1962 Rebellion der Verlorenen (dreiteiliger Fernsehfilm, SDR) (Drehbuch: Wolfgang  Menge nach dem gleichnamigen Roman von Henry Jaeger, Regie: Fritz Umgelter) EA: ARD 30.10.1969

1967 Zuchthaus ( mögl. auch: Die bestrafte Zeit) (Fernsehfilm, NDR,) (Drehbuch:  Claus Hubalek, nach dem Roman "Die bestrafte Zeit" von Henry Jaeger, Regie: Rolf Hädrich)

1983 Hellseher wider Willen (Vierteiliger Fernsehfilm, Bavaria für WWF, je 46 Min) (Drehbuch: Walter Weber, Wilfried Schröder, Hartmut Grund nach dem gleichnamigen Roman von Henry Jaeger, Regie: Peter Weck)

1995 Tot auf Halde (Fernsehfilm, 90 Min, ZDF) (Drehbuch: Frank Göhre nach "Glückauf Kumpel oder Der große Beschiß" von Henry Jaeger, Regie: Theodor Kotulla) EA 23.1.1995

FILM: Verfilmungen
1964 Verdammt zur Sünde (TV-Titel: Die Festung) (Regie: Alfred Weidenmann, Drehbuch: Eberhard Kleindorff, Johanna Sibelius nach dem Roman "Die Festung" von Henry Jaeger) Mit Martin Held und Hildegard Knef

1970 Das Freudenhaus (BRD, Farbe, 92 Mion) (Regie: Alfred Weidenmann, Drehbuch: Alfred Weidenmann nach einem Roman von Jaeger) Mit Karin Jacobsen

1973 ...aber Jonny (Deutschland, 96 Min) (Drehbuch: Alfred Weidenmann und Henry Jaeger, Regie: Alfred Weidenmann) KINO EA 2.5.1973

SONSTIGES
2020 Vom Gauner persönlich, Bühnenstück mit Texten von Henry Jaeger, Regie: Martha Kottwitz, Schauspiel Frankfurt,


last update: 8.6.2005
last update: 11.2.2007
last update 1.4.2010
last update 25.4.2018
last update 2.102020ok

*** E N D E ***

 

H.P. Karr:
Lexikon der deutschen Krimi-Autoren - Internet-Edition
frei zur wissenschaftlichen, journalistischen und nicht-kommerziellen Nutzung
www.krimilexikon.de