H.P. Karr

Die Wände der Gefängniszelle sind kahl, auf der Pritsche liegt eine verschlissene Decke. Auf dem Tisch unter dem vergitterten Fenster steht eine Plastikschale mit einer Zitrone, ein paar Äpfeln und Bananen. "Immer herein!", sagt Clemens Breuer, als Kommissarin Claudia Kant die Zelle in der Bochumer JVA Krümmede betritt. Clemens ist mehr als groß und kräftig, er ist ein einziges Muskelpaket. Er sitzt wegen schweren Einbruchs und steht unter besonderer Beobachtung, weil man befürchtet, dass er sich an einem früheren Komplizen rächen will, der vor kurzem hier in die Krümmede eingeliefert worden ist. Deshalb hat der Anstaltsleiter die Kommissarin ZbV auf dem kleinen Dienstweg gebeten, sich Breuer einmal anzusehen.

Claudia Kant setzt sich an den Tisch. Clemens wischt sich mit dem Handtuch den Schweiß ab und verschwindet hinter einem Vorhang, mit dem er Toilette und Waschbecken abgeteilt hat.

"Ich habe gerade trainiert!", erklärt er, als er wieder zum Vorschein kommt, jetzt mit einer Trainingsjacke bekleidet. Er nimmt einen Apfel aus der Obstschale und macht ein einladende Geste. "Bedienen Sie sich, Frau Kommissarin. Vitamine sind gut für die Gesundheit."
Claudia Kant nimmt eine Banane, während Clemens hinter dem Vorhang verschwindet, um den Apfel zu waschen. Wasser läuft ins Waschbecken.

"Wofür trainieren Sie?", fragt Claudia, als Clemens wieder zum Vorschein kommt.

Der kräftige Mann grinst. "Damit ich Klaus Eckert mit einer Hand den Hals umdrehen kann!", erklärt er. "Eckert hat mich vor fünf Jahren einmal verpfiffen. Seit zwei Wochen sitzt er hier ein - und hier entkommt er mir nicht."

Er setzt sich auf seinen Hocker, schiebt sich einen der Schnitze, in die er den Apfel zerteilt hat, in den Mund und legt die anderen ordentlich auf den Tisch.

"Der Anstaltsleiter vermutet, dass Sie eine Waffe hier in der Zelle haben", sagt Claudia Kant. "Ein Messer vielleicht, oder einen geschliffenen Schraubendreher." Clemens lacht. "Dreimal haben seine Leute in den letzten Tagen die Zelle durchsucht und nichts gefunden", sagt er.

"Hier gibt es keine Waffe." Er langt in das kleine Regal über der Pritsche und zeigt Claudia einen Plastiklöffel und einen Plastikbecher. "Das hier muss ich benutzen, weil man Angst hat, ich könnte eine Gabel als Waffe benutzen."

Die Kommissarin sieht Clemens an. "Trotzdem haben Sie hier in der Zelle ein Messer, Clemens. Geben Sie es heraus."

Clemens starrt Claudia Kant verblüfft an. Dann holte er ein angeschliffenes Besteckmesser aus dem Saum seiner Trainingsjacke. "Woher haben Sie's denn gewusst?" Na? Woher?

Was meint Claudia Kant?

Lösung: Clemens hat seinen Apfel in ordentliche Schnitze zerschnitten. Ohne Messer ist das unmöglich.