DEUTSCHER KRIMI PREIS
Die Fakten
Die Preise
Preisträger 2005 - 2009
Die besten Krimis des Jahres
22. Deutscher Krimi Preis 2006

National


horst
stein
sch


1. Platz:  Norbert Horst: Todesmuster
(Goldmann)

Vor einer stillgelegten Erzmine in der Nähe des Dorfes Ingsen wurden Blutspuren gefunden. Reine Routine, denkt Kommissar Kirchenberg. Bis seine Kollegen von der Spurensicherung einen Raum in der alten Mine entdecken, in dem offensichtlich vor kurzem jemand gefangen gehalten, gefoltert und getötet wurde. Die Befragung der Dorfbewohner bringt zwar einige Geheimnisse ans Tageslicht, aber alle Spuren verlaufen im Nichts. Und auch von der Leiche fehlt jede Spur ...

Die Geschichte dieser Ermittlungen ist die Story des Buches; Norbert Horst erzählt sie mit den nun schon bewährten Mitteln. Er wählt konsequent die Perspektive seines Alter Egos; der Fall wird komplett in einem kriminalistischen Gedankenstrom Kirchenbergscher Prägung verfolgt. Spannung ergibt sich dabei einerseits natürlich aus der Mordermittlung; insbesondere weil man ja die Sicherheit hat, zwar literarisch zugespitzte, letztlich aber authentische Polizeiarbeit zu verfolgen. Andererseits geht es aber immer auch um den Kommissar und seine Binnenwelt, um seine Gedanken, Probleme, Lüste und Bedenken.
(Ulrich Noller)

2. Platz:  Heinrich Steinfest: Der Umfang der Hölle
(Piper)

Leo Reisiger rettet eine Dame vor einer Horde Hooligans. Ihr Gatte Siem Bobeck lädt ihn zum Dank in sein Schloß im österreichischen Purbach ein. Leo Reisiger nimmt an, doch der Dank ist nicht von Dauer. Dort öffnet sich Leo Reisiger der ganze Umfang einer Hölle: Bobeck ist Begründer einer Sekte und auf der Suche nach einem legendären mittelalterlichen Buch. Als Reisiger aus der Hölle entlassen wird, sitzt er im Rollstuhl, und Bobeck lebt immer noch ...


3. Platz:  Wolfgang Schorlau: Das dunkle Schweigen
(Kiepenheuer & Witsch)


»Es geht um eine Erbschaftssache«, sagt Robert Sternberg. Er beauftragt den Privatermittler Georg Dengler, Licht in eine merkwürdige Familienangelegenheit zu bringen. In den Unterlagen seiner verstorbenen Mutter hat er einen Vertrag von 1947 gefunden, in dem sein Großvater das alte Schlosshotel in Gündlingen an die Familie Roth überschreibt. Ohne erkennbare Gegenleistung. »Vielleicht können wir den Kontrakt rückgängig machen«, sagt Sternberg. Der Notar, der den Vertrag damals beurkundete, lebt noch. Er rät Georg Dengler von weiteren Nachforschungen ab. »Lassen Sie die Dinge auf sich beruhen«, sagt er, »es bringt kein Glück, alles wieder ans Tageslicht zu zerren«. Dengler befragt mögliche Zeugen in dem kleinen Ort – und stößt auf eine undurchdringliche Mauer des Schweigens. Schicht für Schicht enthüllt er die Lügen um ein unfassbares Verbrechen in den letzten Tagen des Krieges. Und als er der Wahrheit ganz nahe ist, eröffnen Unbekannte die Jagd auf ihn ...

Der zweite Band um den Schwarzwälder Ex-Bergbauernbub, der nun als Privatdetektiv mitten in der Stuttgarter Altstadt lebt, ist weder Politkrimi noch Psychothriller und hat doch Elemente von beidem.
Gut 50 Jahre trennen die beiden Ebenen, zwischen denen der Autor in den 78 Kapiteln des klug ausgedachten Romans gekonnt hin und her springt. Seine liebevoll gezeichneten Figuren und die Verflechtung von Dichtung und Wahrheit zu einer packenden Geschichte schaffen einen Krimi, der noch lange nachhallt.
(Michaela Pelz / krimi-forum.de)




International


peace
deon
dahl


1. Platz: 
David Peace: 1974
(Nineteen Seventy Four)
Deutsch von Peter Torberg
(Liebeskind)

Jeanette Garland, vermißt gemeldet in Castleford, Juli 1969. Susan Ridyard, vermißt gemeldet in Rochdale, März 1972. Clare Kemplay, vermißt gemeldet in Morley am gestrigen Tag. Es ist Freitag, der 13. Dezember 1974, und Edward Dunford tritt seinen ersten Arbeitstag an. Endlich hat er den Job, den er immer wollte: Reporter bei der Evening Post. Nur weiß er noch nicht, daß er in den nächsten elf Tagen durch die Hölle gehen wird. Ein grausamer Mord wird entdeckt. Zeugen verschwinden spurlos. Und die Polizei scheint mehr zu wissen, als sie vorgibt ... Als Edward Dunford herausfindet, daß die Honoratioren der Stadt in den Mordfall verwickelt sind, beginnt ein Wettlauf mit dem Tod.

Peace beschreibt punktgenau den Alltag des Journalisten - die Konkurrenz in der Redaktion, die familiäre Bedrängnis nach dem Tod des Vaters, seine leicht verspielte Liebe, seine Abstürze, sein unbedingtes Oben-bleiben-Wollen. Die Sprache, derer sich Peace bedient, ist wie ein Hammerschlag; kurz die Sätze, kein Wort zu wenig, keines zu viel. Sätze, die wie gehetzt wirken mit dem Gestus des Gepeinigtseins, stilistisch in der Tradition eines James Ellroy stehend.
David Peace' Kriminalroman ist eine große Klage über den Mangel an Menschlichkeit und über Verzweiflung. Die Melodie, die er anstimmt, ist manchmal schwer zu ertragen, denn sie klingt wie ein Schrei. Doch wer hören kann, der höre. Auch wenn es ein schmerzhaftes Lehrstück ist über moralischen Verfall und psychosoziales Elend.
(Volker Albers / Hamburger Abendblatt)

2. Platz: 
Deon Meyer: Das Herz des Jägers
(Heart of the Hunter)
Deutsch von Ulrich Hoffmann
(Rütten & Loening)


Thobela führt ein bürgerliches Leben in Kapstadt, Südafrika. Er ist in Miriam verliebt, kümmert sich um deren Sohn und arbeitet in einer Motorradwerkstatt. Niemand weiß, daß Thobela ein Killer war, der im Namen der Befreiungsbewegung tötete. Bis eines Tages die Tochter eines alten Freundes vor seiner Tür steht. Ihr Vater, ein ehemaliger Regierungsbeamter, ist gekidnappt worden, weil er eine Festplatte mit belastendem Material besitzt. Thobela eilt seinem Freund zu Hilfe, doch schon am Flughafen wird er vom südafrikanischen Geheimdienst abgefangen. Es gelingt ihm zu fliehen - und nach langer Zeit erwachen seine alten Instinkte wieder. Auf einem Motorrad jagt er quer durch das Land. Deon Meyer ist mit "Das Herz des Jägers" nicht nur ein außergewöhnlicher Thriller mit einem besonderen Helden gelungen - er führt dem Leser auch vor Augen, welche Veränderungen Südafrika in den letzten Jahren erfahren hat.

Die Menschenjagd ist zwar Bestandteil so gut wie jeden Kriminalromans, erst der Film - Bullitt, French Connection - hat sie dann aber zu einem eigenen Subgenre werden lassen, in dem alles auf die erregende Bewegung zweier Menschen durch den weiten Raum zusammenschnurrt. Meyer inszeniert diese Jagd aus der Perspektive gleich einer ganzen Reihe von Figuren, der Blickwinkel des Lesers wechselt ständig von Thobela zu seinen verschiedenen Jägern zur Presse zur Führungsetage des Geheimdienstes zu Thobelas Frau, und Meyer schafft es auf diese Weise, das extrem Sinnliche, das Erregende der filmischen Jagd in den Text herüberzuretten - eine Meisterleistung, wenn man bedenkt, dass die rasende Zeit der Literatur so fremd ist wie dem Film der Stillstand.
(Günther Grosser)


3. Platz: 
Arne Dahl: Tiefer Schmerz
(Europa Blues)
Deutsch von Wolfgang Butt
(Piper )

Eine lange Nadel steckt in seinem Kopf: Es ist ein kühler, berechnender Mord, der an dem renommierten schwedischen Hirnforscher und Nobelpreiskandidaten verübt wird. Warum aber muß der fast Neunzigjährige auf so qualvolle Weise sterben. Und in welchem Zusammenhang steht sein Tod mit dem einer fürchterlich zugerichteten Leiche, die Paul Hjelm und sein Team im Stockholmer Freizeitpark Skansen entdecken? Es gibt nur eine Spur, die die Ermittler verfolgen können: Epivu. Dieses merkwürdige Wort hat der Tote von Skansen in die Erde gekratzt - und auch das andere Opfer schien diese Buchstaben gekannt zu haben. Eine komplexe Mordserie von internationalen Ausmaßen hält die Stockholmer Sonderermittler um Kerstin Holm und Paul Hjelm in Atem.

Arne Dahls vierter Roman Tiefer Schmerz ist die Geschichte von vier Verbrechen, die nach langen und verschlungenen Recherchen einer Spezialeinheit der Stockholmer Polizei eine verblüffende Auflösung in Weimar erfahren. Mehr dazu will eigentlich kaum verraten sein, handelt es sich doch um einen Thriller von solch seltener Brillanz, dass man geneigt ist, den Genuss nicht durch die Preisgabe allzu vieler Details schmälern zu wollen. Soviel sei indes gesagt: wer nicht nur das Verschwinden von acht osteuropäischen Prostituierten aus einem schwedischen Bordell, dazu die von Vielfraßen im Zoo verstümmelte Leiche eines Koksers, den grausamen Mord an einem fast 90jährigen jüdischen Gehirnforscher und den brutalen Racheakt an einem kleinen Dieb in der U-Bahn in einer einzigen Geschichte schlüssig zusammenbringt, sondern uns auch noch die anhaltende Crux des skandinavischen Krimis, die ewigen Teamsitzungen, ohne große Klagen überstehen läßt und darüberhinaus eine völlig unlarmoyante Lektion in europäischer Geschichte mit Schwerpunkt "Schwedische Verstrickungen in den Holocaust" zu geben vermag, dem gebührt jeder Preis.
(Günther Grosser)



Die Jury
Kritiker: Volker Albers (Hamburger Abendblatt) / Andreas Ammer (ARD) / Sönke Boldt (Badische Neueste Nachrichten) / Jens Dirksen (NRZ) / Joachim Dörr / Tobias Gohlis (DIE ZEIT) / Günther Grosser (Berliner Zeitung) / Reinhard Jahn (Bochumer Krimi Archiv) / Hermann Kling / Ekkehard Knörer (perlentaucher.de) / Alf Mayer / Ulrich Noller (WDR/DW) / Michaela Pelz (krimi-forum.de) / Wolfgang Platzeck (WAZ) / Wilhelm Roth (epd) / Jan Christian Schmidt (kaliber38.de) / Erhard Schütz / Sylvia Staude (Frankfurter Rundschau) / Willy Theobald (Financial Times Deutschland) / Jürgen M. Thie / Bettina Thienhaus / Karl Wegmann (freier Journalist) / Thomas Wörtche
Die Kritiker der Jury stimmen nicht für Titel, an deren Veröffentlichung sie aktiv beteiligt sind.

Krimi-Buchhandlungen: Jutta Wilkesmann und Team (Die Wendeltreppe, Frankfurt Main) / Manfred Sarrazin (Alibi, Köln) / Gabriele Fauser (Glatteis, München) / Christian Koch und Team (Hammett, Berlin) / Thomas Przybilka (Missing Link) / Christine Gümpel (Tatort, Mannheim) / Udo Aschemeyer (Heiner K., Hamburg) (Robert Schekulin (UFO, Freiburg) / Juliana Hansen (Under-Cover, Hannover)

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