Doppelt gewinnt

doppelt

Katharina, unnahbar, attraktiv und cool, arbeitet im Hinterzimmer eines Zocker-Clubs im Ruhrgebiet am Pokertisch. Weder ihr Chef noch die zwielichtigen Kunden ahnen, daß sie zu einer Sondereinheit der Polizei gehört.

Doch dann geschieht, was einem Undercoveragenten niemals passieren darf: bei einer Razzia verliebt sie sich in den polizeibekannten Kriminellen Harry.

Harry ist ein kleiner Gauner, er kauft und verkauft und schlängelt sich so durch. Bis er Katharina begegnet. Da weiß er: Sie ist die Frau. Die Frau, die sein Leben verändern wird. Er weiß nur noch nicht, wie richtig das ist!

DOPPELT GEWINNT ist eine kleine Gaunerkomödie aus dem Ruhrgebiet: Katharina, die smarte Polizistin und Harry, der coole kleine Gauner stehen naturgemäß auf verschiedenen Seiten. Das würde keine großen Probleme machen, wenn sie sich nicht ineinander verliebten. Der Roman wurde beim Krimi-Wettbewerb des Econ-Verlages und der Zeitschrift MAXI ausgezeichnet.

 

Harry macht einen Deal
Harry ließ den roten BMW auf den Parkplatz vor dem ROCK INN ausrollen. Nur Kleinwagen, noch verbeulter als seine Kut-sche, und gleich vor dem Eingang ein Haufen Fahrräder. Keine gute Kundschaft. Er steuerte schon die Ausfahrt an, als er Bernies Corvette auf dem Behindertenstellplatz entdeckte. Vielleicht war doch was zu machen. Bernie hatte zwar nie die große Kohle, aber für ein kleines Geschäft war er immer gut. Harry stellte sich neben den Corvette, holte den Musteranzug in der Plastikhülle vom Rücksitz und drückte die Zentralverriegelung. Nichts rührte sich. Harry fluchte und verriegelte die Tür mit einem kräftigen Fußtritt. Mit dem Anzug über der Schulter strebte er dem ROCK INN zu.
    Fast nur Studenten an den Tischen. In der Ecke residierte Karl-Heinz mit Fönfrisur und ballonseidenem Trainingsanzug an der Registrierkasse. Harry klopfte auf den Tresen. "Tag auch!"
    Karl-Heinz streifte mit einem Blick den Anzug, den Harry auf dem Tresen drapierte. "Sonderangebot?"
    "Klar doch." Harry ließ sich von der Blonden am Zapfhahn ein Pils geben und sah sich nach Bernie um. Der zockte gerade am Dart-Automaten ein paar Akademiker ab. Harry nippte an seinem Pils und wartete, bis die Runde zu Ende war. Bernie sah nach nichts aus und war eigentlich auch nichts besonderes, solange er nicht in die Nähe einer Dart-Scheibe geriet. Dann war der kleine hibbelige Kerl auf einmal die Ruhe selbst und die Darts flogen in die Fächer, als würden sie von einem Magneten angezogen.
    Die Jungs, mit denen er spielte, hatten keine Chance. Nach zehn Minuten kassierte Bernie von jedem einen Schein und kam zum Tresen. Die Blonde stellte ihm ein Pils und einen Korn hin.
    Harry hob sein Glas. "Auf die Liebe!"
    Bernie nickte, kippte den Korn und spülte mit dem Pils nach, ehe er es sich auf dem Barhocker bequem machte. Karl-Heinz beschäftigte sich hinter seinee Kasse geflissentlich mit der fotokopierten Speisekarte. Harry winkte der Blonden und tippte auf Bernies Schnapsglas.
    "Aber nicht doch!" sagte Bernie.
    "Wohlsein!" Bernie trank. Harry zupfte die Plastikhülle von dem Anzug. "Davon hab ich gerade eine ganze Ladung organisiert. Kommt direkt aus der Manufaktur. Eins A Markenware. In allen Größen. Ein Kumpel von mir hat zwar schon eine Op-tion darauf, aber ich habe mir gedacht, daß das vielleicht auch was für dich ist, Bernie."
    Bernie machte "Hmmm."
    Karl-Heinz fühlte kurz über den Stoff. Harry blinzelte Bernie zu. "Das sind echte Edelklamotten. Kosten im Laden nicht unter 1500. Aber ich mach dir ein Angebot. Ein Tausender pro Stück, zehn Prozent Rabatt wenn du die ganze Ladung nimmst. Das ist der reine Selbstkostenpreis. Du kannst sie für mindestens fünfzehnhundert pro Stück weiterverkaufen."
    "Ich weiß nicht", sagte Bernie.
    Karl-Heinz hatte seine Speisekarte weggelegt, hielt sich die Jacke vor die Brust und betrachtete sich im Barspiegel.
    "Ich sag dir", sagte Harry zu Bernie, "die Leute werden dir das Zeug aus den Händen reißen. Guck es dir doch an. In dem Zwirn sieht sogar unser Karl-Heinz aus wie ein seriöser Geschäftsmann. Nun stell dir mal vor, du hast so ein schickes Ding an."
    Bernie musterte Karl-Heinz. Der klappte das Jackett auf und warf einen Blick auf das Markenzeichen. "Tausend?" fragte er.
    Bernie überlegte. "So ein Anzug allein bringt es nicht. Da mußt du schon richtig Format haben, verstehst du? Damit der Anzug dann auch richtig wirkt." Er deutete auf Karl-Heinz. "So in etwa."
    Harry legt den Arm um Bernies schmächtige Schultern. "Bernie, hier geht es um ein Markenprodukt. Das trägt nicht nur der Werbefuzzi aus Düsseldorf, das trägt auch der Aufsichtsratsvorsitzende und der Berater des amerikanischen Präsidenten! Wir sprechen hier von international gängiger Ware. Kleider machen Leute, Bernie."
    "Sag nicht Bernie zu mir, Harry."
    Karl-Heinz ließ noch einmal den Stoff durch die Finger gleiten. "Der hier ist genau meine Größe."
    Harry ignorierte ihn. "Bernhard!" sagte er zu Bernie. "Das ist doch ganz einfach. Du trägst so ein Ding als Arbeitskleidung, verstehst du? Du bist selbst dein bester Werbeträger. Wenn die Leute dich in dem Ding sehen, dann brauchst du überhaupt kein Wort mehr zu sagen. Du mußt ein-fach nur kassieren und die Teile rausgeben."
    Bernie schien sich die Idee durch den Kopf gehen zu lassen. Karl-Heinz zupfte Harry am Ärmel. "Du, sag mal..."
    "Nicht jetzt!" blaffte Harry. "Du siehst doch, daß ich gerade eine Besprechung habe."


Die Geschichte dahinter
»Doppelt gewinnt«  war eigentlich einmal eine Idee für einen Fernsehfilm (bzw neudeutsch: TV-Movie) , die ich mit Barbara Hölscher entwickelt hattte. Die Dinge ließen sich sehr gut an, unser Agent mochte den Stoff, ein Produzent interessierte sich dafür und am Ende gab es sogar einen Sender, der die Idee vom Gauner und der Polizisten »sehr interessant« fand, so interessant, dass man sogar eine Fernsehserie daraus machen wollten. Wie gesagt: wollte. Die Pläne zerschlugen sich und wir standen mit unserem schönen Stoff da. In der Kneipe, in der wir unseren Frust begossen, lag eine Ausgabe der Zeitschrift MAXI, in der der MAXI-Krimipreis ausgeschrieben wurde: Da wurden Manuskripte für Kriminalromane gesucht, als Gewinn winkten Preisgeld und ein Verlagsvertrag.
Ich sah die Kollegin an, sie sah mich an...  und zwei Monate später gab es »Doppelt gewinnt« als Roman. Und weitere zwei Monate später kam der Brief, in der die Jury des MAXI-Krimipreises uns gratulierte.


H.P. Karr / Barbara Hölscher:
Doppelt gewinnt
220 Seiten
Düsseldorf: Econ, 2001
ISBN-10: 3612252526



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